Vor Kurzem hatten wir die Möglichkeit, als Nürnberger Ortsgruppe von SISTERS e.V. im Bayerischen Rundfunk mitzuwirken – sowohl im Fernsehen als auch im Radio. Der Beitrag trägt den Titel: „Sex gegen Geld – Prostitution normalisieren oder abschaffen?“ und beleuchtet die völlig gegensätzlichen Ansätze zweier Organisationen: Kassandra e.V., die Sexarbeit als reguläres Arbeitsverhältnis etablieren möchte – und uns, SISTERS e.V., die sich für ein Ende der Prostitution und den Schutz der betroffenen Frauen stark machen.
Dass wir an diesem Beitrag teilnehmen konnten, hat uns sehr gefreut. Denn es ist selten, dass Frauen mit Ausstiegserfahrung und kritischer Haltung in einem so großen öffentlich-rechtlichen Format wirklich zu Wort kommen –
ernst genommen, nicht übergangen, nicht diffamiert werden. Wir durften sprechen, wir wurden gehört.
Besonders stark war der Auftritt unserer Ehrenamtlichen Vivien Allroggen, die selbst aus der Prostitution ausgestiegen ist. Sie brachte auf den Punkt, was wir alle wissen – aber was noch viel zu selten öffentlich ausgesprochen wird:
„Es ist nicht normal, dass sich Männer einen Zugang zu einem Körper kaufen können.“
Wir konnten deutlich machen, dass wir nicht gegen Frauen arbeiten, sondern für sie. Dass wir das Nordische Modell fordern – also die Entkriminalisierung der Prostituierten und gleichzeitig die konsequente Bestrafung der Freier –
und dass wir dies aus tiefster Überzeugung und auf Grundlage der Realität tun. Denn entgegen der romantisierten Vorstellung von „freier Sexarbeit“ zeigen unsere Erfahrungen vor Ort etwas anderes:
Täglich verkaufen in Nürnberg etwa 1.000 Frauen ihren Körper – das sind die offiziellen Zahlen der Polizei. Wenn man die hohe Dunkelziffer mit einrechnet (laut Expert:innen kann sie sechs- bis zehnmal höher liegen), wird schnell klar, wie tief verankert und gleichzeitig unsichtbar dieses System ist.
Denn die wenigsten dieser Frauen sind die „selbstbestimmten, privilegierten Sexarbeiterinnen“. Die meisten Frauen kommen aus Osteuropa, viele aus prekären Verhältnissen. Und immer häufiger findet Prostitution nicht mehr im
sichtbaren Rotlichtmilieu statt, sondern versteckt – in Wohnungen, Airbnbs, Hotelzimmern.
Die Ausbeutung bleibt, sie tarnt sich nur besser.
Wir sind dankbar, dass wir das sagen durften. Nicht anonymisiert, nicht weggeschnitten, sondern mitten im Sendeformat.
Denn das ist unsere Realität und sie gehört in die Mitte der Gesellschaft. Was uns außerdem ganz besonders berührt hat sind die Reaktionen. Seit der Ausstrahlung haben wir so viel positive Rückmeldung bekommen – von Einzelpersonen, von anderen Initiativen, sogar von Menschen, die bisher wenig mit dem Thema zu tun hatten.
Es fühlt sich ehrlich gesagt ein bisschen so an, als hätten viele genau darauf gewartet:
Dass endlich auch mal jemand offen ausspricht, dass Prostitution Gewalt ist. Und dass diese Perspektive nicht nur leise mitschwingt, sondern laut und klar sichtbar wird – so wie wir es machen.
Den vollständigen Beitrag findet ihr hier in der BR-Mediathek.
Danke an alle, die mitgewirkt haben.
Wir machen weiter.
Laut, unbequem, klar.
Eure Ortsgruppe Nürnberg
SISTERS e.V