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CAP International zur Verfassungsmäßgkeit des französischen Gesetztes

Oberster Gerichtshof – und die öffentliche Meinung – verankern Frankreichs abolitionistisches Prostitutionsgesetz!

In einer historischen Entscheidung hat der Conseil Constitutionnel (Frankreichs Oberster Gerichtshof) am heutigen Vormittag (01.02.2019) endgültig die Verfassungsmäßigkeit des französischen Gesetzes von 2016 bestätigt, welches die Kriminalisierung des Sexkaufs und die vollständige Entkriminalisierung prostituierter Personen beinhaltet sowie die Schaffung von landesweiten, staatlich finanzierten Ausstiegs-, Schutz- und Begleitprogrammen für Opfer von Prostitution, Zuhälterei und Menschenhandel.

Dieses Gesetz zur Stärkung des Kampfes gegen das Prostitutionssystem und zur Unterstützungprostituierter Personen war am 13. April 2016 nach 6 Jahren parlamentarischer Untersuchungen und Debatten von einer breiten, parteiübergreifenden Mehrheit des französischen Parlaments angenommen worden.

 

In enger Abstimmung mit 69 NGOs, die gegen alle Formen sexueller und sexistischer Gewalt kämpfen, einschließlich seiner beiden französischen Mitgliedsorganisationen Fondation Scelles und Mouvement du Nid, hat CAP international in Eigeninitiative mehrere schriftliche und mündliche Stellungnahmen beim Conseil Constitutionnel eingereicht (siehe unten).

 

CAP international hatte auch großen Anteil an der Mobilisierung einer breiten Koalition von AkteurInnen zur Unterstützung des Gesetzes. Sechs ehemalige Ministerinnen[1] für Frauenrechte, 30 renommierte Ärztinnen und Ärzte[2] sowie eine Koalition von Männern, die sich gegen Sexkauf aussprechen[3], publizierten offene Briefe und Meinungsbeiträge, in denen sie den Conseil Constitutionnel auffordeten, die Kriminalisierung des Sexkaufs aufrechtzuerhalten.

 

Schließlich veröffentlichte CAP international auch die folgenden Ergebnisse einer bislang einzigartigen Umfrage:

 

– 78% der Menschen in Frankreich unterstützen das Gesetz von 2016

– 83% glauben, dass prostituierte Personen Opfer krimineller Netzwerke sind und ihre Tätigkeit nicht frei gewählt haben

– 74% sind der Ansicht, dass Prostitution eine Gewalttat ist

– 77% glauben, dass Sexkauf erzwungenem Sex unter Ausnutzung einer finanziellen Notlage gleichzusetzen ist

 

Zusammenfassung der von CAP international in Eigeninitiative beim Conseil Constitutionnel eingereichten Stellungnahmen

 

Neben vielen anderen Argumenten erinnerte CAP international den Conseil Constitutionnel an die ausdrückliche Anerkennung durch das französische Parlament, dass der Kauf von Sex an sich eine Form sexueller Gewalt, ein Hindernis für die Gleichstellung von Frauen und Männern, eine Verletzung des Prinzips der Nicht-Kommerzialisierung des menschlichen Körpers, eine Verletzung der Menschenwürde und die Hauptursache für den Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung darstellt.

 

Wir hoben auch hervor, dass die wirtschaftlich ultraliberale Ideologie der Pro-”Sexarbeit”-Bewegung, die die Kriminalisierung von Sexkäufern im Namen der “Freiheit des Unternehmertums” angreift, automatisch zur Entkriminalisierung von Zuhälterei und dem Betreiben von Bordellen und zu einem Explodieren des Frauenhandels zur sexuellen Ausbeutung führen würde. Ebenso verurteilten wir ihren Versuch, eine rechtliche Unterscheidung zwischen einer theoretisch  “freiwilligen” Prostitution (”Sexarbeit”) und einer “erzwungenen” Prostitution (Menschenhandel) herbeizuführen. Die aktuellen Erfahrungen in Europa zeigen in der Tat, dass die sehr kleine Minderheit europäischer Staaten (Deutschland und die Niederlande), die diese ideologische Unterscheidung im Namen der “Anerkennung von Sexarbeit” eingeführt hatte, damit letztlich die Zuhälterei und das Betreiben von Bordellen entkriminalisiert hat, obwohl sie den Fokus angeblich auf die Bekämpfung des Menschenhandels legt. Der Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung nahm jedoch logischerweise in diesen Ländern nach der Legalisierung der Märkte für sexuelle Ausbeutung dramatisch zu.

 

Kontakt: Grégoire Théry, Geschäftsführer, +32 496 21 64 66

 

[1] http://www.leparisien.fr/faits-divers/prostitution-monsieur-le-premier-ministre-protegeons-notre-modele-abolitionniste-13-01-2019-7987608.php

 

[2] https://www.lemonde.fr/idees/article/2019/01/09/loi-sur-la-prostitution-depenaliser-serait-une-catastrophe_5406832_3232.html

 

[3] https://www.lejdd.fr/Societe/prostitution-lappel-au-conseil-constitutionnel-a-ne-pas-revenir-sur-la-penalisation-des-clients-3841709

 

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Originalquelle:

http://www.cap-international.org/activity/supreme-court-and-public-opinion-enshrines-french-abolitionist-legislation-on-prostitution/

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Anm. d. Übers.:

Überaus bemerkenswert ist die Urteilsbegründung des Conseil Constitutionnel.

(Auszug)

Wenn der Gesetzgeber jegliche Inanspruchnahme von Prostitution unter Strafe gestellt hat, auch wenn sie sich als freie und einvernehmliche Ausübung sexueller Handlungen zwischen Erwachsenen in einer privaten Räumlichkeit darstellt, so hat er berücksichtigt, dass die Personen in der Prostitution in der überwiegenden Mehrzahl Opfer von Zuhälterei und Menschenhandel sind, und dass diese Straftaten durch die Existenz der Nachfrage nach bezahlten sexuellen Beziehungen ermöglicht werden.

Originalquelle:

https://www.conseil-constitutionnel.fr/decision/2019/2018761QPC.htm