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Aktueller Stand des Rechtsstreits zwischen SISTERS e.V. und Ruby Rebelde

Die WELT schreibt heute ausführlich über das desaströse Urteil im Rechtsstreit zwischen SISTERS e.V. und Ruby Rebelde.

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Hier veröffentlichen wir die komplette Stellungnahme des Vorstands und unseres Anwalts Jonas Jacob

Stellungnahme des Vorstands von Sisters e.V.

Das Landgericht Berlin hat im Hauptsacheverfahren gegen Ruby Rebelde zu unseren Ungunsten entschieden. Wir bedauern diese Entscheidung und erwägen, in Berufung zu gehen, da wir überzeugt sind, dass die gegen uns erhobenen Vorwürfe unhaltbar und rufschädigend sind.

Die Arbeit von Sisters e.V. mit dem Begriff „antisemitisch“ zu verbinden, entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Wir setzen uns seit Jahren unermüdlich für Frauen ein, die aus der Prostitution aussteigen wollen, unterstützen sie mit konkreten Hilfsangeboten und sind für viele Frauen die einzige Chance, dem Teufelskreis im System Prostitution zu entkommen. Unsere Arbeit basiert auf Respekt, Solidarität und einem klaren Einsatz gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen in der Prostitution.

Dass gerade ein Vorstandsmitglied von Hydra, einem Verein, der viel Geld vom Staat erhält und vorgibt, sich für die Interessen von Prostituierten zu engagieren, einen Verein wie Sisters angreift – der rein ehrenamtlich und spendenbasiert denjenigen Frauen in der Prostitution hilft, die leiden und nach Auswegen und Unterstützung suchen – ist eigentlich unfassbar.

Es ist nicht das erste Mal, dass wir mit Diffamierungen konfrontiert sind, die ganz offensichtlich darauf abzielen, unsere Arbeit zu diskreditieren und unsere Unterstützungsstrukturen zu schwächen. Besonders perfide ist der Versuch, uns mit dem schwerwiegenden Vorwurf des Antisemitismus zu belegen, um uns öffentlich zu delegitimieren und potenzielle Spenderinnen und Spender abzuschrecken. Eine solche Strategie schadet in erster Linie den Frauen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind.

Wir werden auch weiterhin mit aller Kraft für die Rechte von Frauen kämpfen, die der Prostitution entkommen wollen. Unser Engagement bleibt ungebrochen, und wir lassen uns nicht durch falsche Anschuldigungen und Verleumdungen von unserem Weg abbringen.

Sabine Constabel, Leni Breymaier und Karen Ehlers

 

Stellungnahme Dr. Jonas D. Jacob LL.M.

Wir halten die Entscheidung des Landgerichts Berlin für falsch. Es erschließt sich nicht, warum der Begriff „strukturell antisemitisch“ im Gegensatz zu „antisemitisch“ für den unbefangenen Dritten nichts mit Judenfeindlichkeit zu tun haben soll. Die Differenzierung, die das Gericht hier vornimmt, erscheint konstruiert und steht im Widerspruch zur gängigen Sprach- und Rechtsauffassung.

Besonders bemerkenswert ist die Verfahrensentwicklung: Dieselbe Kammer, die nun das für uns abweisende Urteil gefällt hat, hatte zuvor einen für uns günstigen Vergleich vorgeschlagen. Zudem hatte eine andere Kammer desselben Gerichts, also des Landgerichts Berlin, uns durch Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren im selben Fall recht gegeben. Diese Widersprüche zeigen, wie stark Entscheidungen im Äußerungsrecht von der jeweiligen richterlichen Einschätzung abhängen. Diese Inkonsistenz halte ich für ein großes Problem.

Wir sind zudem ausdrücklich nicht der Ansicht, dass die Verwendung des Begriffs „Prostitutionslobby“ eine antisemitische Verschwörungserzählung darstellt. Diese Behauptung ist nicht nur extrem fernliegend, sondern auch diffamierend. Derartige Äußerungen, die keinerlei Anknüpfungstatsachen aufzeigen, sind zu unterlassen. Es ist besorgniserregend, wenn solche schwerwiegenden Vorwürfe ohne jegliche belastbare Grundlage in den öffentlichen Raum gestellt werden.

Das Kammergericht Berlin, insbesondere die Pressekammer, ist für äußerst grenzwertige Entscheidungen im Äußerungsrecht bekannt. Bereits in der Vergangenheit wurden Entscheidungen des Kammergerichts mehrfach vom Bundesverfassungsgericht kritisiert. Dies zeigt, dass hier wiederholt bedenkliche Maßstäbe angelegt werden. Die jetzige Entscheidung bestätigt diesen Eindruck.

Wir werden den Fall juristisch prozessökonomisch analysieren und prüfen, welche weiteren Schritte sinnvoll sind. Darüber hinaus ist es uns wichtig, diese Thematik auch in Fachkreisen und der Gesellschaft weiter zu diskutieren. Es darf nicht dem Zufall oder der richterlichen Willkür überlassen bleiben, wo im Einzelfall die Grenzen der Meinungsfreiheit verlaufen.